Fallbeispiel

Ein junger Iraker in schlechtem Allgemeinzustand war wiederholt wegen Schmerzen im Bauch bei der Beratungsstelle der Caritas vorstellig geworden. Die Caritas vermittelte ihn daraufhin an den Migrantenmedizin e.V..

Ein erstes Treffen mit dem Patienten in Anwesenheit eines Dolmetschers ergab, dass der Patient bereits seit mehreren Jahren unter schweren Bauchschmerzen litt. Er hatte Europa vor 3 Jahren erreicht und war bereits wegen wiederholter Geschwüre operiert worden. Über Umwege war der Patient schließlich nach Regensburg verlegt worden, wo er nun erneut seit Monaten Beschwerden zeigte, die ihn an einer normalen Ernährung hinderten. Der Patient war aufgrund der Beschwerden stark beunruhigt und untergewichtig.

Weitere Recherchen ergaben, dass er in den Monaten vor dem ersten Zusammentreffen bereits mehrmals mit dem Krankenwagen in verschiedene Notaufnahmen in Regensburg gebracht worden war. Eine fachgerechte Diagnostik konnte dort aufgrund der Sprachbarriere nicht durchgeführt werden. Mit Schmerzmitteln ausgestattet wurde der Patient zurück nach Hause entlassen wo sich die Beschwerden nicht besserten. Dies ist wenig überraschend, schließlich können Schmerzmittel ein Magengeschwür sogar noch verschlimmern.

Außerdem hatte der Patient selbst Kontakt zu einem Hausarzt aufgenommen, den wir im Anschluss besuchten und zu dem Fall befragten. Er bestätigte dem Patienten bereits mehrmals Medikamente gegen das Geschwür verschrieben zu haben, die dieser jedoch offenbar nicht richtig einnehme.

In den folgenden Wochen vereinbarten wir eine erneute Magenspiegelung, die ein weiteres Magengeschwür zeigte. Gemeinsam mit einem Dolmetscher klärten wir den Patienten über seine Erkrankung auf. Wir erklärten ihm in Ruhe, wie die entsprechenden Medikamente einzunehmen seien. Es stellte sich heraus, dass es zwischen dem Patient und seinem Arzt zu einem Missverständnis gekommen war: Der junge Mann war davon ausgegangen, die Tabletten des Arztes immer nur dann einnehmen zu müssen, wenn er Schmerzen verspüre. Tatsächlich sollten die Tabletten regelmäßig genommen werden, um das Auftreten des Magengeschwürs und der Schmerzen von vornherein zu verhindern. Gegen den akuten Schmerz helfen sie hingegen nicht. Außerdem konnten wir den Patienten beruhigen, als wir ihm klarmachten, dass eine konsequente Einnahme der Medikamente im Fall seiner Erkrankung zur Heilung seines Leidens führen würde. 

In den folgenden Monaten trafen wir den Patienten immer wieder und erkundigten uns nach seinem Befinden. Erfreut stellten wir fest, dass sich sein Zustand von Treffen zu Treffen besserte. In der Zwischenzeit gelang es ihm auch seine neu gewonnen Kräfte einzusetzen um seine Deutschkenntnisse zu erweitern und einer Arbeit nachzugehen, was bei ständigen Schmerzen nicht möglich gewesen war.

Dieses Beispiel zeigt eindrucksvoll wie mit kleinen Mitteln bei der Versorgung der Asylbewerber viel Positives bewirkt werden kann. Es konnte dem Patienten nicht nur geholfen, sondern auch weitere Kosten im Gesundheitssystem durch ineffektive Untersuchungen und Behandlungen vermieden werden.